Neue Zeit für die St. Annen Kapelle

Die St.-Annen-Kapelle steht seit dem 13. Jahrhundert fest verwurzelt in ihren Grundmauern inmitten unseres Dorfes Bischweier.

Damit ist sie ebenso alt wie ihr Heimatort selbst. Unerschütterlich überwand sie all die vielen Schicksalsschläge und Veränderungen. So auch an diesem Sonntag, als die kleine Kapelle wieder einmal als Gotteshaus entwidmet und der politischen Gemeinde übergeben wurde.

Sie ist das Wahrzeichen von Bischweier und ruft mit ihrem achteckigen Fachwerktürmchen alle Vorbeiziehenden dazu auf, ihren Blick zum Himmel zurichten. Vor über 700 Jahren als Gotteshaus gebaut, trotzte sie tapfer allen kirchlichen und politischen Herausforderungen. Der Segen, der ihr einst im Namen Gottes gegeben worden war, ergoss sich über all die vielen Jahrhunderte bis in die heutigen Tage. In diesem gesegneten Gebäude lachten, weinten, trauerten, feierten und arbeiteten immer wieder nicht nur die Bischweierer Bürgerinnen und Bürger.

Schon einmal wurde die St. Annen-Kapelle an die politische Gemeinde übertragen, denn im 19. Jahrhundert wurde es in ihr zu eng für die damals in Bischweier lebenden Katholiken. Sie fügte sich in ihr Schicksal, stand für Feuerwehr, Turnverein und Kelter zur Verfügung bis zum 2. Juli 1975. Mit Schenkungsurkunde wurde die evangelische Kirche Besitzer der Kapelle. Einen Monat später fand in ihr wieder der erste Gottesdienst statt.

Nun mussten die Gläubigen der evangelischen Kirchengemeinde Abschied nehmen. Wieder fügt sich das einst als Gotteshaus gesegnete, unter Denkmalschutz stehende Gebäude seinem Schicksal und wartet auf seine künftigen, von der weltlichen Gemeinde zu entscheidenden Bestimmungen. Prälat Marc Witzenbacher, der den Abschiedsgottesdienst gemeinsam mit Dekan Christian Link und Pfarrer Jürgen Biskup zelebrierte, sprach von einer Zäsur. "Wir müssen Abschied nehmen", sagte er und verstand die Traurigkeit unter den Gläubigen. Die St. Annen-Kapelle sei eine Kraftquelle gewesen, habe Geborgenheit geschenkt, sie habe eine Zeit getragen, aber der Weg gehe weiter.

Der Gottesdienst fand in der vor 124 Jahren neu erbauten katholischen St.-Anna-Kirche auf der anderen Straßenseite statt, ein Symbol für die gute Ökumene, die in Bischweier herrscht. An diesem Abschiedstag nämlich war die St.-Annen-Kapelle wieder einmal zu klein für all die Gläubigen, die gekommen waren. "Früher waren die Kirchen noch voll", erinnerte der Prälat. Doch die Mitgliederzahlen gingen zurück, der demografische Wandel mache sich bemerkbar, Kirchen müssten aufgegeben werden, weil Ressourcen und Personal knapp würden. Dekan Christian Link bemerkte, Kirche und Gesellschaft seien großen Wogen ausgesetzt, man ginge durch schmerzhafte Prozesse. Er hoffe und vertraue darauf, dass für die Zukunft der St.-Annen-Kapelle gute Entscheidungen getroffen würden.

Bürgermeister Robert Wein erinnerte an die zahlreichen Renovierungen in der historischen St.-Annen-Kapelle in den vergangenen Jahren, die von der Kirchengemeinde mit Unterstützung der politischen Gemeinde finanziell getragen worden seien. Die Rückgabe der Kapelle an die Gemeinde Bischweier werde seit vielen Jahren diskutiert. Nun sei es soweit, eine Ära ende, doch aus den Reihen des Gemeinderates und der Gemeinde, auch von der ehemaligen Kirchengemeinderätin Helga Hirt-Kempf, gebe es bereits Vorschläge für die künftige Nutzung.

Dankend erinnerte Pfarrer Jürgen Biskup an Erika Rahner, die von 1960 bis 2014 als Kirchendienerin mit Wärme, Licht und Freude die Kapelle begleitet hatte. Sein Dank galt auch Helga Hirt-Kempf, Robert Wein und der jetzigen Kirchendienerin Rita Grobsta-Meisch. An den Bischweierer Rathauschef gerichtet, formulierte er die Bitte, über Räumlichkeiten in Bischweier nachzudenken, um bei Bedarf einen Gottesdienst abhalten zu können. Per Handschlag versprach Robert Wein, dieses Anliegen im Gemeinderat vorzubringen.

Es war ein Abschiedsgottesdienst und eine Entwidmung, die trotz viel Wehmut Hoffnung hinterließen. Der Gospelchor unter Leitung von Karl-Heinrich Piringer, der die Feier gesanglich umrahmte, sang am Ende "Oh happy day".

Die eigentliche Entwidmungsfeier fand in der kleinen, mit Sonnenblumen geschmückten St.-Annen-Kapelle statt. Am Altar gingen die Kerzen aus. "Wer Bischweier im Herzen hat, der hat auch die St.-Annen-Kapelle im Herzen", sagte Bürgermeister Robert Wein. Mit Tränen in den Augen sagte Helga Hirt-Kempf: "Die im 13. Jahrhundert erbaute Kapelle ist immer noch erfüllt von Gottes Geist!" Sie dankte der Gemeinde Bischweier, dass sie dieses Kleinod weiterhin erhalten wolle.

Prälat Marc Witzenbacher (rechts) und Dekan Christian Link (Zweiter von links) sprechen gemeinsam mit Pfarrer Jürgen Biskup (Zweiter von links) die Entwidmungsworte und übergeben die Kapelle in die politischen Hände von Bürgermeister Robert Wein (Mitte)
Prälat Marc Witzenbacher (rechts) und Dekan Christian Link (Zweiter von links) sprechen gemeinsam mit Pfarrer Jürgen Biskup (Zweiter von links) die Entwidmungsworte und übergeben die Kapelle in die politischen Hände von Bürgermeister Robert Wein (Mitte)
(Erstellt am 18. Juli 2024)